Gripsholm. Fragmente.
Versuch einer Leichtigkeit. Nach Kurt Tucholsky.
»Wo sind unsere Kümmernisse? Wir haben sie in der Gepäckaufbewahrungsstelle abgegeben. Das kann man machen, für fünf Wochen.«
Können wir uns vor der Welt verstecken? Was brauchen unsere Herzen, um heutzutage noch Ruhe und Leichtigkeit zu finden? Gemeinsam mit den Performenden begibt sich das Publikum picknickend und dem Hörspiel lauschend ins Grüne, im Versuch, die Seele baumeln zu lassen. 1931 erschien die kleine Sommergeschichte »Schloss Gripsholm« über einen Urlaub von Lydia alias ›die Prinzessin‹ und Peter in Schweden - und wurde zu einem der beliebtesten Werke Tucholskys. Doch was treibt den linkspolitischen Autor in solch brisanten Zeiten dazu, einen vermeintlichen Unterhaltungsroman zu schreiben, eine ›leichte Lektüre‹ mit viel Atmosphäre und wenig Handlung – oder ist doch mehr darin verborgen?
»Wir flüchteten aus der Einsamkeit der Welt zueinander.«
Bitte mitbringen:
Liebes Publikum! Nach einem Aufenthalt im Museum Wilhelm Busch werden wir mit Euch ins Grüne gehen und auch eine Strecke von ca. 700 m laufen und dann schattig lagern auf Picknickdecken am Boden. Ihr braucht keine eigene Picknickdecke einzupacken. Mitbringen könnt Ihr:
- Wenn nötig: Camping Stuhl oder Kissen
- Glas/Becher
- Zeckenschutz
- Wetterschutz
- Getränk und Snack
An den Vorstellungstagen findet Ihr uns 1 Stunde vor Beginn beim Pavillon im Garten des Museums Wilhelm Busch. Ihr könnt Euer Ticket dort abholen und damit im Shop und oben in der Dauerausstellung schon einiges zum Stück entdecken, das dort von uns »eingeschmuggelt« wurde...
Die Vorstellung ist wetterabhängig und findet auch bei leichtem Regen statt. Bei einem wetterbedingten Ausfall oder Abbruch aufgrund von Starkregen oder Sturm zur Sicherheit der Performenden und des Publikums, kann der Ticketpreis leider nicht erstattet werden.
Termine 2024
5. Juli - 14 Uhr / 6. Juli - 14 Uhr / 7. Juli - 13 Uhr
Kasse + Einlass ins Museum ab 1 Stunde vor Vorstellungsbeginn
Eintritt 20 € / 18 € erm. / Studierende 7 € / Soliticket 0 € inkl. Eintritt Museum Wilhelm Busch *
outdoor im Georgengarten
performativer Audiowalk
Treffpunkt Pavillon im Palastgarten des Museum Wilhelm Busch
Mit Nina Sarita Balthasar, Johannes Fast, Laura Jakschas, Martin Maecker, Ann-Leonie Niss
Audioproduktion Konstantin Schulz
Inszenierung / Tonregie Lena Kußmann
Bühne Britta Bremer
Kostüm Romina Medrano
Support Lou, Henri, Magnus Unverricht, Jonas Vietzke
auf Deutsch
* das Ticket beinhaltet freien Eintritt ins Museum ab 1 Stunde vor Vorstellungsbeginn – und ist für einen weiteren Museumsbesuch bis Ende des Jahres gültig.
Presse
»Leicht und abgründig: ›Liebe? In der heutigen Zeit? Wie denken sie sich das?‹, heißt es am Anfang der Inszenierung von Kurt Tucholskys ›Schloss Gripsholm‹ des Theaters an der Glocksee. Tucholskys Roman über eine Ménage à trois vor dem Hintergrund eines Urlaubs in Schweden erschien 1931. Da hatte der hellsichtige Schriftsteller längst die Zeichen der Zeit gelesen und war ausgewandert, erst nach Paris, dann nach Schweden. Zwei Jahre später verbrannten die Nazis seine Bücher.
Die Inszenierung des Theaters an der Glocksee führt das Publikum in einem Audiowalk vom Garten des Wilhelm-Busch-Museums am Fluss entlang, am Leibniztempel vorbei in Richtung Herrenhäuser Gärten, immer im Schlepptau der vier Darsteller. Schon da zeigt sich eine mysteriöse Gestalt mit Jacke über dem Kopf im Hintergrund, mal versteckt zwischen hohen Gräsern, mal irgendwo im Hintergrund. Im Laufe der Geschichte, als auf einem großen Feld im Georgengarten das Picknick beginnt, kommt die Gestalt immer näher. (...)
Tucholkys ›Schloss Gripsholm‹ ist zwar im Kern ein unpolitisches Buch, dennoch schwingt, wie auch in der Inszenierung, der Hintergrund der Zeit immer wieder mit. Es ist gleichzeitig eine Flucht und ein Fokus auf den Kontrast zwischen der Liebe der drei und der Bösartigkeit von Macht und Strafe. Das ist auch der Kontrast, mit dem ›Gripsholm. Fragmente‹ immer wieder arbeitet. Denn hauptsächlich ist der Audiowalk ein schöner Ausflug, der einerseits von der ironisch-zärtlichen stilistischen Meisterschaft Tucholskys lebt, andererseits von dem exzellent eingesprochenen Text des Buches aus den Kopfhörern. Der ›Versuch einer Leichtigkeit‹ schafft zwar diese wunderbare Atmosphäre der Leichtigkeit eines Sommertages. Er zeigt aber auch, dass diese Leichtigkeit schnell verpuffen kann, weil – gerade auch zur Zeit, als Tucholsky das Buch schrieb – eine Flucht vor den menschlichen Abgründen kaum möglich ist.« → mehr lesen
- Hannoversche Allgemeine Zeitung, Jan Fischer, 03.07.2023
»›Ich hab angesichts der Krisen unserer Zeit das Bedürfnis, auch mal zu ruhen‹, sagt Kußmann. ›Gleichzeitig habe ich ein schlechtes Gewissen, das zu tun. Dieser Roman beinhaltet auf sehr feine Weise beides.‹ Denn es gibt noch einen Handlungsstrang in Person des Mädchens Ada, das nahe des Schlosses in einem Kinderheim lebt und von dessen Aufseherin misshandelt wird, eine kaum verhohlene Metapher auf das drohende Nazi-Regime. Peter und Lydia aber beschließen, Ada zu retten und damit ein Stück weit auch ihre Welt. Kußmann ist überzeugt, dass Tucholsky nach Möglichkeiten gesucht habe, ›nicht nur äußerlich, sondern auch innerlich zu überleben‹. Es war ihm nicht vergönnt. Seine Bücher wurden von den Nazis verbrannt. Er selbst wurde ausgebürgert und starb 1935 mit nur 45 Jahren an einer Überdosis Schlaftabletten im Göteborger Exil. Der Roman, so Kußmann, komme ihr vor ›wie eine Blase, in die immer wieder die Realität eingreift‹. Und so soll auch ihre Inszenierung nicht die Augen verschließen vor den Verwerfungen unserer Zeit.« → mehr lesen- Hannoversche Allgemeine Zeitung, Stefan Gohlisch, 26.06.2023